Todes- und Lebens-Brand

Mein Gemüht sey froh

Vnd vergiß der Schmertzen,

Daß die Lebens-Loh

Dir verlischt im Hertzen,

Und dein Augen-Liecht

Nun für Schwachheit bricht.


Dieser Erden Stand

Wird nicht lang mehr wehren,

Denn der letzte Brand

Alles wird verzehren,

Selbst der Sonnen Pracht

Wird seyn finstre Nacht.


Kräncket sich dein Muth,

Daß du dich beflecket,

Vnd deß Höchsten Glut

Wider dich erwecket,

Die mit Ach und Pein

Brennet Höllen-ein;
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Zwar dich hat ohn Ruh

Sünde mit genommen,

Ihrer Brunst bist du

Offt zu nah gekommen,

Welcher Wunden blind

Vnd unheilbar sind.


Aber tröste dich,

Dir ist Raht geworden,

Christus lässet sich

Wegen dein ermorden,

Vnd sein theures Blut

Lescht der Höllen Glut.


Das wir würden frey

Unsrer Missethaten,

Lässt er sich aus Treu

Mehr als grausam braten,

Ein unschuldig Lamm

Hoch am Creutzes-Stamm.


Hiedurch nimmt uns Gott

Wieder auff zu Gnaden,

Daß der Höllen Rott'

Vns nun nicht kan schaden,

Vnd der Tod dazu

Vns ist süsse Ruh.


Schluckt das kalte Grab

Dein' erstarrten Glieder

Eine Weil' hinab,

Ey die Zeit kömpt wieder,

Da auch diß Gebein

Liecht und Glantz wird seyn.


Denn wirst du erst voll

Heiligr Andacht brennen,

Vnd dein Auge soll

Gott im Grund erkennen,

Gott der im Gemüht

Stets von Liebe glüt.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 176-177,208-209.
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